Selber Fahren in Peru

Selber Fahren in Peru

Oktober 18, 2019 0 Von ThisGirlIsEverywhere

Die Tigerente ist mit einem eigenen Mietwagen quer durch Peru unterwegs. Von diesem Abenteuer möchte sie gern einige Eindrücke schildern, da der ein oder andere vielleicht selbst überlegt, mit dem Mietwagen auf eigene Faust durch Peru zu reisen. Vorab ist zu sagen, dass dafür ein deutscher Führerschein ausreicht. Das Auswärtige Amt empfiehlt allerdings, den nationalen Führerschein auf Spanisch übersetzen zu lassen (was die Tigerente nicht getan hat). Es herrscht Rechtsverkehr. Beachten solltet Ihr, dass das Tagfahrlicht einzuschalten ist. Darauf ist die Tigerente bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle angesprochen worden (sie hatte versehentlich nur Standlicht an). Der nette Polizist hat versucht, den Verstoß auf Spanisch zu erklären und sie schließlich mit einem freundlichen Hinweis weiterfahren lassen, beim nächsten Mal werde ein Ticket fällig.

Beim Selber-fahren existieren in Peru verschiedene Schwierigkeitsgrade, die die Tigerente Euch gern näher erläutern möchte (in absteigender Reihenfolge):

Schwierigkeitsgrad 10/10: Limas Innenstadt zur Rushhour – Der Wahnsinn auf Rädern

In Lima zur Rushhour mit dem eigenen Mietwagen unterwegs zu sein, bedeutet, dass man entweder sehr gute Nerven hat oder sehr naiv war. Am besten vermeidet man die Situation und fährt vom Flughafen direkt auf die Panamericana. Wem das aber nicht vergönnt ist, wird schnell feststellen: Es gibt nur wenige Regeln, an die sich Peruaner während der Hauptverkehrszeit in Limas Innenstadt halten:  

1. Bei Rot halten (freundlicherweise zeigen die Ampeln an, wieviele Sekunden es bis zur nächsten Ampelphase dauert).

2. Weder einen Personen- noch ein Materialschaden verursachen.  

Ansonsten macht jeder, was er will, wo er will und wann er es will. Wer beispielsweise in einem vierspurigen Kreisverkehr die nächste Ausfahrt nehmen muss, beginnt die Einleitung des Abbiegevorgangs etwa 50 m vor der Ausfahrt. Auch dann, wenn er von der innersten (!) der vier Spuren kommt. Durch die im Weg stehenden und fahrenden restlichen Fahrzeuge drängelt man sich einfach durch. So kommt zwar der Verkehr im Wesentlichen zum Erliegen (insbesondere, weil Alle so fahren), dies wird aber in Kauf genommen und sozial akzeptiert. 

Blinker werden prinzipiell nicht benutzt. Falls sie doch einmal zum Einsatz kommen, bedeutet dies keinesfalls, dass das Fahrzeug in die angezeigte Richtung abbiegen wird – genauso gut kann es sich um die entgegengesetzte Fahrtrichtung handeln und ebenso genauso gut wird vielleicht auch einfach gar nicht abgebogen. Würden die Deutschen so fahren wie die Menschen in Lima, wäre die Rushhour eine einzige Massenschlägerei. Hier funktioniert aber alles mit Geduld, sehr guten Nerven und unter intensiver Nutzung der Hupe. Letztere ist ein beliebtes Instrument, um anzuzeigen, dass man da ist. Oder irgendwo hin will. Da die Tigerente den Unterschied weder kennt noch erkennen konnte, hat sie das Geräusch einfach nach kurzer Zeit ignoriert. Ohnehin ist es der Konzentration wenig förderlich,  sich durch das laute Gehupe erschrecken zu lassen, denn man muss sich völlig auf die Bewegungen der Fahrzeuge fokussieren, um unversehrt irgendwohin zu kommen. 

Die auf dem Asphalt aufgemalten Spuren werden allenfalls als Orientierungshilfe gesehen. Sie dienen primär dazu, einordnen zu können, wieviele Autos nebeneinander passen, ohne dass man sich gegenseitig zu Schrott fährt (Goldene Regel: Anzahl der offiziell eingezeichneten Spuren plus mindestens Eins). Auch wenn die Spurmarkierungen somit eigentlich irrelevant sind, solltet Ihr ab und zu auf den Asphalt sehen. Hin und wieder finden sich dort in schönen geometrischen Formen angebrachte Löcher in der Straßendecke. In Deutschland würden diese fein säuberlich mit Baken oder Hütchen gesichert, hier sind sie einfach… naja, da.

Das Beste zum Schluss – die dritte Regel: Manche Fahrzeuge dürfen an manchen Tagen zu manchen Uhrzeiten manche Straßen nicht benutzen. Ja genau. Da es sich um eine offizielle Regelung handelt, kann man leider man auch als Tourist betroffen sein, was einem die Mietwagenfirma dann (hoffentlich) am Schalter mitteilt. Dort jedenfalls bekommt die Tigerente einen Zettel in die Hand gedrückt, woraus sich Folgendes ergibt: Fahrzeuge mit einer geraden Nummer am Ende ihres Kennzeichens dürfen im Wechsel mit Fahrzeugen mit einer ungeraden Nummer am Ende ihres Kennzeichens fünf der Hauptverkehrsstraßen Limas an bestimmten Wochentagen um bestimmte Uhrzeiten nicht befahren. Wahrscheinlich will die Stadt so dem Verkehrsinfarkt abhelfen, aber so, wie sich die Situation darstellt, dürfte dieser Versuch zum Scheitern verurteilt zu sein…

Wer sich trotz dieses Textes noch zur Rushhour nach Lima traut: Viel Glück! 

Schwierigkeitsgrad 7/10: Lima außerhalb der Rushhour 

Ist man nicht zur Rushhour in Lima unterwegs ist, geht es auf den Straßen (fast) gesittet zu. Abbiegevorgänge und Kreisverkehre können weiterhin etwas herausfordernd sein, aber geradeausfahren klappt wunderbar! Wenn gehupt wird (deutlich weniger als zur Hauptverkehrszeit!) kommt meistens ein Fahrzeug aus einer Richtung angeschossen, aus der man es nicht erwartet. Ein Motorradfahrer von hinten rechts zum Beispiel, der vor einem links reinzieht und dieses Manöver gern überleben würde. Seine einzige Chance ist, sich kurz vorher mit der Hupe anzukündigen. Gehupt wird tagsüber auch insbesondere, wenn rote Ampeln miss- oder grüne Ampeln nicht beachtet werden oder Taxen einen Fahrstreifen blockieren, weil in den nächsten 15 Minuten potentiell Fahrgäste einsteigen könnten. 

Schwierigkeitsgrad 3/10: Über die Panamericana von Lima nach Süden

Auf der Panamericana zu fahren, ist verkehrstechnisch kaum ein Problem. Hier ist nicht so viel los wie auf den Hauptstraßen von Lima. Es gibt keine Kreisverkehre und auch kaum Ampeln. Achtung aber: Wenn (!) es Ampeln gibt, kann es durchaus sein, dass von sechs Spuren drei Grün haben und die drei restlichen Spuren Rot.

Was es allerdings mehr als genug gibt, sind Mautstationen. Alle paar Kilometer wird ein Betrag von etwa 5,50 peruanischen Soles (ca. 1,30 Euro) pro Auto fällig, später nimmt die Dichte der Mautstationen ab, dafür aber der Preis zu. Also habt genug Bargeld dabei!

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